Viefalt macht stark: Die Bürgerpolizei in Rheinland-Pfalz
Die Polizei Rheinland-Pfalz versteht sich als bürgernahe Institution, die die Speerspitze der Gesellschaft sein soll, die sie schützt. Vielfalt ist dabei kein Selbstzweck, sondern ein zentrales Element für das Vertrauen der Bevölkerung in den Rechtsstaat. Die aktuelle Antwort des Innenministeriums auf eine Anfrage des Abgeordneten Carl-Bernhard von Heusinger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) vom 12. August 2025 zeigt, welche Fortschritte bereits erzielt wurden – und wo noch Handlungsbedarf besteht.
CC BY-SA 4.0 Wikipedia / Henning Schlottmann (User:H-stt)
Aus der Antwort auf die Anfrage geht hervor: Die Zahl von Polizeikräften mit nichtdeutscher Herkunft oder doppelter Staatsbürgerschaft ist in den letzten Jahren gestiegen. Im Polizeivollzugsdienst lag der Anteil 2021 noch bei 0,91 %, 2025 bereits bei 1,93 %. Auch bei den Tarifbeschäftigten zeigt sich ein positiver Trend: 2021 waren es 2,48 %, 2025 sind es 3,69 %.
Unter den Studierenden im Bachelorstudiengang betrug der Anteil 2025 insgesamt 4,86 %. Die Entwicklung zeigt einen fast durchgängigen Rückgang gegenüber den Vorjahren. Im Masterstudiengang sind bislang gar keine Studierenden mit Migrationshintergrund verzeichnet.
Carl-Bernhard von Heusinger betont: „Die Vielfalt bei der Polizei nimmt insgesamt zu. Das stärkt die Akzeptanz der Polizei durch die Bevölkerung. Polizistinnen und Polizisten mit unterschiedlichen Hintergründen können sich besser in Menschen mit den jeweiligen Hintergründen hineinversetzen. Und die Menschen wiederum fühlen sich besser wahrgenommen und repräsentiert. Gleichzeitig müssen wir uns zur Aufgabe machen, junge Menschen mit Migrationsgeschichte wieder mehr für den Polizeiberuf zu begeistern. Außerdem braucht der höhere Polizeidienst mehr Vielfalt, was vor allem durch eine gezielte Förderung von Polizeikräften mit nichtdeutscher bzw. doppelter Staatsangehörigkeit erreicht werden kann."
Ein Zeichen für Vielfalt wurde mit der Einsetzung der ersten Integrationsbeauftragten im Jahr 2024 gesetzt, die wir GRÜNE gefordert haben. Ab 2026 sollen landesweit vier weitere Stellen folgen. Diese Positionen sind Schlüsselstellen für interkulturelle Vermittlung innerhalb der Polizeistrukturen.
Gleichstellung fördern: Frauen in Führung
1.192 Beamtinnen und Beamte in Rheinland-Pfalz arbeiten derzeit in Teilzeit. Darunter sind 907 Frauen - rund 76 Prozent - , aber nur 33 von ihnen haben eine Führungsfunktion. Von den 252 teilzeitbeschäftigten Männern sind immerhin 29 in leitender Position. Dieses Ungleichgewicht ist strukturell verankert.
„Die Teilzeitfalle für Frauen gibt es offensichtlich auch in der Polizei“, mahnt von Heusinger. „Es gibt an dieser Stelle weiterhin ein enormes Ungleichgewicht der Geschlechter, das es zu beheben gilt. Wir GRÜNEN wollen die geeigneten Rahmenbedingungen schaffen, damit Frauen vermehrt Führungspositionen einnehmen. Dazu gehört beispielsweise, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter zu verbessern. Führen in Teilzeit soll zum Standard werden. Wir brauchen an dieser Stelle auch weiterhin eine gezielte Frauenförderung.“
Schutz vor Diskriminierung: Queere Ansprechstellen und echte Daten
Ein weiteres zentrales Thema ist der Schutz queerer Menschen innerhalb der Polizei. Die Ansprechstelle für LSBTI* verzeichnete 2024 insgesamt 48 schriftliche Anfragen, darunter 14 Strafanzeigen. Zum Vergleich: 2020 waren es noch 23 Anfragen mit vier Anzeigen. Es handelt sich dabei ausschließlich um schriftliche Meldungen. Telefonische Anfragen werden bisher nicht statistisch erfasst, was auf eine hohe Dunkelziffer hinweisen kann.
„Die Daten der Ansprechstelle zeigen, dass auch bei der Polizei queere Menschen immer wieder diskriminiert, werden“, so von Heusinger. „Die Dunkelziffer dürfte höher sein, da telefonische Anfragen nicht dokumentiert werden. Um faktenbasierte Gegenmaßnahmen treffen zu können, sollten auch die telefonischen Fälle statistisch erfasst werden. Die steigenden Zahlen weisen hoffentlich auf einen zunehmenden Mut hin, das Angebot wahrzunehmen – und nicht auf eine zunehmende Diskriminierung queerer Menschen.“
Die Polizei Rheinland-Pfalz verfügt über zentrale und regionale Ansprechstellen für queere Menschen. Zudem wurden Handreichungen wie der Leitfaden zum Umgang mit trans*- und inter*-Personen weiterentwickelt. Aktuell wird unter dem Arbeitstitel „Leitfaden zum Umgang mit TIN*-Personen“ eine neue Version erarbeitet.
Demokratische Haltung sichern: Die Rolle der INSIDER-Studie
Die INSIDER-Studie (2021–2024) war ein Meilenstein zur Analyse demokratischer Einstellungen innerhalb der Polizei. Sie untersuchte, wie stark demokratische Werte, Prozesse und Institutionen von Polizistinnen und Polizisten getragen werden und wie sie mit Vielfalt umgehen.
„Die Polizei muss mit beiden Füßen fest auf dem Boden der Demokratie stehen. Mit der INSIDER-Studie haben wir uns erstmals einen fundierten Überblick über die Einstellungen zur Demokratie bei der Polizei verschafft“, so von Heusinger. „Die gewonnenen Daten sind unerlässlich, um ein Präventionskonzept zum Schutz demokratischer Einstellungen zu schaffen und die Vielfalt bei der Polizei zu stärken. Wir GRÜNEN wollen die INSIDER-Studie verstetigen, denn auf diese wichtigen Daten werden wir auch in Zukunft dringend angewiesen sein.“
Erscheinungsbild und Realität: Umgang mit Tattoos
Die Regelungen zum äußeren Erscheinungsbild von Polizeibeamt:innen in Rheinland-Pfalz sehen weiterhin vor, dass Tätowierungen grundsätzlich nicht sichtbar sein dürfen – unabhängig von Größe, Platzierung, Motiv und Kontext. Tattoos müssen durch lange Ärmel oder spezielle Abdeckungen verborgen werden, selbst wenn sie dezent sind und keinerlei problematische Inhalte zeigen.
„Diese Vorgaben wirken im Jahr 2025 zunehmend aus der Zeit gefallen“, kritisiert Carl-Bernhard von Heusinger. „In einer offenen, vielfältigen Gesellschaft sollte das äußere Erscheinungsbild kein Ausschlusskriterium sein – insbesondere dann nicht, wenn es um die Sichtbarkeit individueller Identität geht. Eine Überprüfung und Lockerung der Vorschriften wäre ein notwendiger Schritt hin zu mehr Authentizität, Akzeptanz und gelebter Diversität im Polizeidienst.“
Fazit: Vielfalt braucht Struktur, Haltung und Ressourcen
Die Polizei in Rheinland-Pfalz hat in den letzten Jahren erhebliche Schritte zur Stärkung von Vielfalt und Demokratie unternommen. Doch der Weg ist noch nicht zu Ende. Ein modernes Verständnis von Polizeiarbeit verlangt gezielte Förderung von unterrepräsentierten Gruppen, systematische Datenerhebung und eine konsequente Haltung gegen Diskriminierung. Der politische Wille, diese Entwicklung weiter zu unterstützen, ist da. Nun müssen weitere strukturelle Voraussetzungen geschaffen und ausgebaut werden.
Vielfalt stärkt das Vertrauen der Bevölkerung in die Polizei und fördert eine bürgernahe Polizeiarbeit. Polizist:innen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen können besser auf die Lebensrealitäten einer vielfältigen Gesellschaft eingehen und Diskriminierung gezielter entgegenwirken.
Im Polizeivollzugsdienst lag der Anteil 2021 bei 0,91 % und stieg bis 2025 auf 1,93 %. Bei den Tarifbeschäftigten wuchs der Anteil im gleichen Zeitraum von 2,48 % auf 3,69 %. Unter den Studierenden im Bachelorstudiengang lag er 2025 bei 4,86 %.
Es existieren zentrale und regionale Ansprechstellen für LSBTI*-Anliegen sowie ein spezieller Leitfaden zum Umgang mit trans*, inter* und nicht-binären Personen. Zudem wird eine statistische Erfassung diskriminierender Vorfälle gefordert, um gezielt gegen Missstände vorgehen zu können.
Ziel ist es, Führungspositionen in Teilzeit zu ermöglichen und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern. Aktuell sind nur 33 teilzeitbeschäftigte Polizistinnen in leitender Funktion, gegenüber 29 Männern – trotz deutlich höherer Teilzeitquote bei Frauen.
Die INSIDER-Studie (2021–2024) analysierte die demokratische Haltung und den Umgang mit Vielfalt innerhalb der Polizei. Sie liefert eine wichtige Datengrundlage für Präventionsstrategien gegen antidemokratische Tendenzen und soll laut GRÜNEN verstetigt werden.