Die gesetzliche Grundlage schafft das sogenannte LBSKM-Gesetz (Landesbeauftragte:r für Fragen sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen). Es greift eine der zentralen Empfehlungen des landesweiten „Pakts gegen sexualisierte Gewalt“ auf, der seit 2022 gemeinsam mit Betroffenen, Fachkräften und einer interdisziplinären Kommission entwickelt wurde. Mehr als 40 konkrete Maßnahmen wurden dabei erarbeitet.
„Kinder und Jugendliche sollen in Rheinland-Pfalz sicher aufwachsen können, frei von Gewalt und mit starken Rechten. Die neue unabhängige Landesbeauftragtenstelle wird Aufklärung und Schutz von Kindern und Jugendlichen weiter verbessern und die Rechte der Betroffenen stärken“, erklärt Lisett Stuppy, familienpolitische Sprecherin der GRÜNEN Landtagsfraktion. Die Einrichtung sei eine direkte Reaktion auf zentrale Forderungen des Landesbetroffenenrats und ein klares Zeichen gegen das Verdrängen und Verschweigen.
Klare Aufgaben, starke Strukturen
Die Aufgaben der oder des Landesbeauftragten für sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen sind im Gesetz präzise geregelt. Die neue Struktur konzentriert sich auf drei zentrale Ebenen:
- Öffentlichkeitsarbeit: Sexualisierte Gewalt darf kein Tabuthema bleiben.
- Aufklärung und Sensibilisierung: Gesellschaftliche Wahrnehmung und Wissen müssen gestärkt werden.
- Betroffenenrechte stärken: Perspektiven und Erfahrungen der Betroffenen werden systematisch einbezogen.
Konkret übernimmt die Beauftragtenstelle folgende Aufgaben:
- Koordination der Maßnahmen der Landesregierung zur Verbesserung der Prävention und Intervention,
- Öffentliche Aufklärung und Sensibilisierung,
- Entwicklung struktureller Präventionsmaßnahmen,
- Förderung des interdisziplinären Austauschs,
- Unterstützung des Landesbetroffenenrats,
- Zusammenarbeit mit dem oder der Unabhängigen Bundesbeauftragten,
- Funktion als zentrale Ansprechperson für den Bund.
Institutionelle Einbindung und Finanzierung
Organisatorisch wird die Landesbeauftragtenstelle beim Ministerium für Familie, Frauen, Kultur und Integration (MFFKI) angesiedelt. Besetzt wird sie mit einer Person, die über ausgewiesene Fachkompetenz und Berufserfahrung im Bereich sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Jugendliche verfügt. Die Beauftragtenstelle wird:
- weisungsunabhängig arbeiten,
- ressortübergreifend agieren,
- durch eine Geschäftsstelle unterstützt,
- für die Dauer einer Legislaturperiode im Benehmen mit dem Landesbetroffenenrat berufen,
- zur Verschwiegenheit und zum Datenschutz verpflichtet sein.
Die Kosten für die Geschäftsstelle sind im Haushalt abgebildet. Für das Personal (Beauftragte:r, Referent:in, Sachbearbeitung) entstehen jährlich rund 267.000 Euro. Zusätzlich stehen für Maßnahmen, Veranstaltungen und die Umsetzung des Pakts insgesamt 620.000 Euro jährlich bereit.
Landesbetroffenenrat wird gesetzlich verankert
Der bereits bestehende Landesbetroffenenrat wird durch das LBSKM-Gesetz gesetzlich fixiert und damit dauerhaft etabliert. Seine Aufgabe ist es, die Arbeit der oder des Beauftragten kritisch und konstruktiv zu begleiten.
Die Mitglieder des Rats sollen unterschiedliche Tatkontexte und Generationenperspektiven einbringen. Betroffene werden an der Auswahl der Mitglieder beteiligt. Die Berufung erfolgt durch die oder den Landesbeauftragten für die Dauer von fünf Jahren.
Für die Arbeit des Rats sind ebenfalls Mittel vorgesehen: Für 2025 liegt das Budget voraussichtlich bei 67.000 Euro.
Lisett Stuppy hebt die Bedeutung des Betroffenenrats hervor: „Die rechtliche Verankerung des Betroffenenrats stärkt gezielt die Perspektive derer, die lange nicht gehört wurden. Rheinland-Pfalz geht hier als erstes Bundesland mutig voran.“
Fazit: Politischer Wille wird strukturell sichtbar
Bereits ein Jahr nach Übergabe der Handlungsempfehlungen des Pakts gegen sexualisierte Gewalt setzt die Landesregierung mit dem LBSKM-Gesetz eine zentrale Forderung um – insbesondere aus dem Kreis der Betroffenen selbst. Mit der neuen Beauftragtenstelle und der Verstetigung des Landesbetroffenenrats schafft Rheinland-Pfalz eine dauerhafte, unabhängige Struktur gegen sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen. Ein klarer Schritt hin zu mehr Schutz, mehr Transparenz und mehr Mitsprache.