Die Anforderungen an familienfreundliches Wohnen erstrecken sich über die eigenen vier Wände hinaus. Die Verfügbarkeit von familiengerechten Begegnungsräumen ist entscheidend. Eine gute Nahversorgung spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Hinzu kommt der unkomplizierte Zugang zu Einrichtungen und Dienstleistungen für ein lebenswertes Wohnumfeld.
Darüber, wie unsere Familien in Stadt und Dorf in Zukunft besser leben, diskutierte die GRÜNE Landtagsfraktion und die Grüne Kommunale Vereinigung (GKomV) am 17. Mai gemeinsam mit Expertinnen und Experten sowie zahlreichen Interessierten und kommunalpolitisch Aktiven.
Nach der Begrüßung durch die Gastgeberinnen Pia Schellhammer, Fraktionsvorsitzende der GRÜNEN Landtagsfraktion und Irmgard Münch-Weinmann, Co-Vorsitzende der GKomV, betonte die rheinland-pfälzische Familienministerin Katharina Binz in ihrem Grußwort die Bedeutung des Wohnens für die Lebensrealität von Familien und als bedeutende soziale Frage unserer Zeit.
Familien als Zielgruppe der Wohnungspolitik
In ihrer Key-Note skizzierte Dipl.-Ing. Ricarda Pätzold vom Deutschen Institut für Urbanistik (difu) die spezifischen Merkmale von Familien als Zielgruppe der Wohnungspolitik. Obwohl Familien keine homogene Gruppe darstellen, gibt es charakteristische Merkmale des „Familienwohnens“: Die Wohnbedürfnisse und Platzbedarfe variieren je nach Familiengröße, während der Wunsch nach einem kindgerechten Umfeld und guten Bildungsangeboten besteht.
Gleichzeitig schränken die steigenden Miet- und Kaufpreise in den Ballungsräumen die Verfügbarkeit von passendem, familiengerechtem Wohnraum ein. Daher ist mehr bezahlbarer, aber vor allem auch bedarfsgerechter Wohnraum für Familien nötig – was ihnen auch mehr Freiheit bei der Wahl ihres Wohnortes ermöglichen würde.
Gemeinschaftliches Wohnen als Alternative
Das Wohnumfeld spielt dabei eine besondere Rolle, wie Eva Deckert, Tino Deckert und Dirk Bohne vom gemeinschaftlichen und genossenschaftlich organisierten Wohnprojekt Polychrom in Ingelheim berichteten. Solche Projekte ermöglichen Familien ganz neue Perspektiven: mehr Entlastung im Alltag und eine stärkere soziale Anbindung durch die Gemeinschaft und mehr Flexibilität bei sich verändernden Familienkonstellationen durch verschiedene Wohnungsgrößen.
Allerdings wurde deutlich, dass die Beteiligung an solchen Projekten für Familien mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden sein kann, insbesondere durch finanzielle Belastungen und lange Zeitspannen bei der Realisierung. Hier braucht es stärkere Unterstützung und bessere Rahmenbedingungen, um mehr Familien die Mitwirkung an solchen Projekten zu ermöglichen.
Lösungsansätze für familienfreundliches Wohnen
In der anschließenden Podiumsdiskussion, moderiert von Lisett Stuppy, familienpolitische Sprecherin der GRÜNEN Landtagsfraktion und Daniel Köbler, sozialpolitischer Sprecher, diskutierten Dipl.-Ing. Ricarda Pätzold (Difu), Alexander Flatters (Verband der Wohnungswirtschaft Rheinland Westfalen), Verena Örenbas (Verband Wohneigentum) und Dr. Andreas Lukas (Baudezernent Stadt Koblenz) über Lösungsansätze und notwendige Maßnahmen für familienfreundlichen und zukunftsfähigen Wohnraum in der Stadt und im Dorf.
Es bedarf wirksamer Mietschutzinstrumente, die bezahlbares Wohnen im Bestand langfristig sichern. Neue Quartiere müssen von Beginn an stadtplanerisch auf die speziellen Bedürfnisse von Familien ausgerichtet werden. Grünflächen dienen gleichzeitig als Begegnungsräume, Erholungsorte und dem Wasserrückhalt. Autofreie Korridore garantieren sichere Wege und saubere Luft. Im ländlichen Raum muss die Nutzung von leerstehenden Gebäuden vorangetrieben werden und die Infrastruktur gestärkt werden.
Gerade soziale Aspekte dürfen bei den breiten Anforderungen an das Bauen und Wohnen nicht aus dem Blick geraten. Dazu gehört ein breites Angebot an niedrigschwelligen und kostenlosen Betreuungs-, Freizeit- und auch Beratungsangeboten. Hier spielt ehrenamtliches Engagement in Vereinen oder in der Jugendarbeit eine zentrale Rolle und muss gestärkt werden.
Notwendige Maßnahmen auf allen Ebenen
Um diese Ziele zu erreichen, sind zielgerichtete Maßnahmen im Bund, im Land und in den Kommunen erforderlich. Die neue Bundesregierung sollte die angekündigten mietrechtlichen Maßnahmen schnellstmöglich umsetzen und die dringend notwendigen Verschärfungen bei der Mietpreisbremse nicht auf die lange Bank schieben. Darüber hinaus braucht es eine Investitionsoffensive für gemeinnützige Vermieterinnen und Vermieter, die günstigen Wohnraum zur Verfügung stellen.
Auf Landesebene werden wir unsere Förderprogramme der sozialen Wohnraumförderung kontinuierlich auf ihre Wirksamkeit überprüfen und gegebenenfalls nachsteuern, wenn sich durch veränderte Rahmenbedingungen Anpassungsbedarf ergibt. Den Kommunen und Bauaufsichtsbehörden wollen wir mehr Handlungsspielraum geben - mit der Novelle der Landesbauordnung gehen wir hier einen weiteren Schritt in die richtige Richtung.
Allen Beteiligten muss bewusst sein: Wohnungspolitische Entscheidungen entfalten ihre Wirkung meist erst mittel- und langfristig. Fehlentwicklungen der vergangenen Jahrzehnte lassen sich nicht kurzfristig korrigieren. Unsere heutigen Entscheidungen legen daher das Fundament für gutes Wohnen in der Zukunft.