Josef Winkler machte deutlich, dass es bei der Gesetzesänderung nicht nur um formale Paragraphen gehe, sondern um "Würde, Respekt und den Wunsch, am Ende des Lebens so verabschiedet zu werden, wie man es selbst verfügt hat."
Neue Bestattungsformen als Ausdruck individueller Lebensrealitäten
Kritik aus Reihen der Opposition, insbesondere von der CDU-Fraktion, wies Winkler zurück. Der Vorwurf, das Gesetz wolle traditionellen Bestattungsformen ihre Legitimität entziehen, sei unbegründet. Vielmehr sei das Gegenteil der Fall: "Dieses Gesetz bedeutet mehr Freiheit für die, die davon Gebrauch machen wollen, und nicht weniger Tradition."
Die Öffnung für neue Bestattungsformen sei eine Reaktion auf gesellschaftliche Entwicklungen:
- Zunahme kleinerer Familienstrukturen
- Wachsende Mobilität
- Häufigere Distanz zu religiösen Prägungen
Diese Faktoren veränderten auch die Bedürfnisse beim Abschied nehmen. Friedhöfe, so Winkler, seien keine statischen Orte, sondern im ständigen Wandel : "Früher dominierten große Familiengräber, heute sind es Urnenfelder, gärtnergepflegte Anlagen oder naturnahe Flächen."
Friedhofskultur als lebendiges immaterielles Erbe
Winkler erinnerte daran, dass die Deutsche UNESCO-Kommission die Friedhofskultur in Deutschland als immaterielles Kulturerbe anerkannt habe – explizit mit dem Hinweis, dass diese sich stetig weiterentwickle. Deshalb sei es richtig, die bestehenden Angebote zu erweitern, um den Friedhof auch zukünftig als Ort der Erinnerung und Begegnung zu erhalten.
"Wenn wir wollen, dass Friedhöfe auch künftig Orte der Begegnung und des Gedenkens bleiben, dann brauchen wir kreative Ideen und neue Angebote für die Bevölkerungsteile, die sich diese wünschen", betonte Winkler.
Sternenkinder: Mehr Würde für früh verstorbene Kinder
Erstmals wurde im Gesetz der Begriff der sogenannten Sternenkinder eingeführt. Das fand breite Zustimmung über Fraktionsgrenzen hinweg. Unter Sternenkindern versteht man gemeinhin Kinder, die noch vor, während oder kurz nach der Geburt sterben. Das ist eine wichtige Anerkennung des Verlustes der hinterbliebenen Eltern. Dass Sternenkinder künftig auch mit einem verstorbenen Elternteil gemeinsam beigesetzt werden können, ist für viele Hinterbliebenen in dieser schrecklichen Situation tröstlich.
Evaluationsklausel als Signal an Kritiker:innen
Für die Umsetzung der neuen Regelungen sieht das Gesetz eine Evaluationsklausel vor. Diese soll sicherstellen, dass die Auswirkungen neuer Bestattungsformen auf Praxis und Gesellschaft regelmäßig überprüft werden. "Das ist verantwortungsvoll und fair – auch gegenüber den Skeptikern", so Winkler.
Zugleich unterstrich er, dass niemandem etwas genommen werde: "Es gibt einfach nur mehr Möglichkeiten. Und zwar nur für diejenigen, die das ausdrücklich verfügt haben."
Selbstbestimmtes Abschiednehmen als Ausdruck von Vertrauen
Entscheidungen über die eigene Bestattung werden selten allein getroffen, betonte Winkler. Sie entstünden fast immer im engen Austausch mit Familie oder Freundeskreis. "Diese Entscheidungen werden gemeinsam getroffen, getragen von Vertrauen und Verantwortung."
Die Sorge, neue Bestattungsformen könnten das Trauern erschweren, sei daher unbegründet. "Am Ende des Lebens sollte man bei sich und seinen Nächsten sein dürfen und nicht die möglichen Gefühle der gesamten Gesellschaft schultern müssen."
Fazit: Fortschritt ohne Verlust
Josef Winkler machte in seiner Rede vor dem Landtag deutlich, dass die Reform des Bestattungsgesetzes kein Bruch mit der Tradition ist, sondern ein Schritt nach vorn. Sie schafft mehr Freiheit, ohne die gewachsene Bestattungskultur zu schwächen.
"Dieses Gesetz ist ein Fortschritt. Es ist ein Gewinn für alle. Für die Beibehaltung von Würde und Pietät und zugleich für mehr Freiheit in Rheinland-Pfalz."